Besuch von White Paw in Gostomel, November 2015

Wir sind gestern aus der Ukraine zurück gekehrt. Hinter uns liegen viele Ereignisse, nicht alle waren geplant. Begonnen hat es mit Jetta, die kleine Hündin, die wir am Flughafen gefunden haben. Wir haben das kleine, zitternde Bündel Fell durch Zufall entdeckt. Nachträglich wurde klar, dass sie schon mehrere Tage dort gelegen hat. Asia, die Leiterin des Gostomel Shelters, sagte, dass die Kleine wohl auf ihren ehemaligen Besitzer gewartet hat. Er wird wohl davon geflogen sein.
Die kleine Jetta hat viel Glück gehabt, White Paw Organisation wird versuchen ein schönes Zuhause für sie zu finden.

Einen Tag später haben wir das Gostomel Shelter aufgesucht um Asia die Geldspenden zu übergeben und mit anzupacken.


Es erschlägt einen geradezu , wenn man realisiert, dass dort knapp 900 Hunde und 300 Katzen leben. Mit den wenigsten Mitteln gelingt es Asia und ihrem kleinen Team, dass diese Tiere Schutz vor Hunger, Durst und den Doghuntern haben. Die Spenden sind überlebenswichtig, in jeder Hinsicht.

Am dritten Tag gingen wir mit den Volontären in die Streunergebiete. Es regnete seit 2 Tagen in Strömen, dennoch kamen sie angelaufen. Auch Welpen waren dabei. Gierig fraßen sie das mitgebrachte Futter. Man realisiert sofort, dass es nur ein kleiner Tropfen auf einen heißen Stein ist.
Man denkt an die eigenen Tiere zuhause, dass sie einen warmen und liebevollen Platz haben. Die Streuner haben kaum Chancen, der Winter steht bevor. Dennoch versuchen die Volontäre alles, um mit den wenigen Mitteln die sie haben, die Tiere wenigstens für wenige Tage in der Woche satt zu bekommen. Als wir das Gebiet verließen, lief uns eine Hündin hinterher. Nicht umdrehen.

Am vierten Tag erwartete man uns wieder im Shelter. Jetta, die Flughafen-Hündin, hat uns freudig begrüßt. Sie hat wieder Hoffnung, schwanzwedelnd und übermütig hat sie ihren Lebensmut gezeigt.
Anpacken, Fotos und Videos, dann ging es wieder in ein Gebiet wo Streuner lebten.
Ein Schild an einem Zaun zeigte, dass die Hunde alle kastriert sind und gefüttert werden. Scheue Hunde, sie haben Angst vor Menschen, vor allen Dingen vor Männern. Sie holten sich schnell ihre Bissen und verschwanden wieder schnell. Lars und ich konnten nicht aus dem Auto aussteigen, zu groß ist ihre Angst.
Dann weiter zu einer anderen Volontärin, die Welpen von der Straße geholt hat. Sie schauen einen an, große Augen. Man realisiert immer wieder die harten Aufgaben der Volontäre, Leben retten.
Und wenn es nur ein Leben ist.

Tag 5 führte uns in die Streunergebiete, wo wir im Januar waren. Früher lebten dort viele Hunde, sie waren kastriert, sie wurden regelmäßig gefüttert. Wir stiegen aus, sie waren nicht mehr dort. Nur vereinzelte, scheue Tiere, kamen. Sie hielten Abstand.
Die Doghunter waren dort, sie haben fast alle vergiftet. Ich habe diese Plätze noch in Erinnerung, wir waren mit Melanie und Dani dort. Wir haben im Januar dort gefilmt. Jetzt sind diese Plätze leer.

Als wir weiterfuhren bekam die Volontärin einen Notruf. Wieder eine Vergiftung. Eine Hündin mit 6 Welpen lebte in der Nähe einer Holzfabrik, sie wurden von den Mitarbeitern gefüttert. Nur ein Welpe hat überlebt. Wir haben das Gebiet abgesucht, bis wir ein Quitschen hörten. Die Volontärin hat die Kleine gefunden und schnell gepackt. Sie ist jetzt sicher.

Wir führten mehrere Interviews mit den Volontären. Sie erzählten mit Tränen in den Augen wie machtlos sie dort standen. Mussten mit ansehen, wie das Gift wirkte. Sie starben furchtbar, ihr Tod muss die Hölle gewesen sein. Das Töten der Streuner in der Ukraine ist nicht vorbei, die EM 2012 ist es. Aber dieses Mal berichtet kein TV-Sender mehr.

Dann fuhren wir mit einem Übersetzer zu einem Doghunter, wollten mit ihm sprechen. Entweder war er nicht da, oder er wollte nicht mit uns sprechen. Wir befragten die Nachbarn. Er sei ein netter Mann, sagten sie. Er hilft den Müll raus zubringen, hilft in der Nachbarschaft. Unser Übersetzer versuchte die Nachbarn aufzuklären, sie glaubten es nicht.

Ein anderer Nachbar wusste davon, sie hatte Angst die Tür zu öffnen. Sie hatte Angst mehr zu sagen. Wir fuhren weg.

Die Polizei und die Behörden wissen von diesen Dingen, es wird nicht ermittelt. Die Doghunter kündigen ihre Taten sogar an, zeigen Bilder in ihren eigenen Internet-Foren welches Tier getötet werden soll. Sie sind stolz auf das, was sie tun.

Nachträglich kann man einfach nur sagen, wie wichtig die Spenden für das Gostomel-Projekt von White Paw Organisation sind. Jeder Euro kommt dort an, wo er gebraucht wird. Sei es für Futter, medizinische Versorgung und die so wichtigen Kastrationen vor Ort. Man sieht in Asias Shelter, wo immer wieder Hilfe benötigt wird. Dann die wichtige Arbeit der Volontäre auf der Straße.
Dies alles können die Tierschützer in der Ukraine nicht alleine stemmen. Wir haben in dieser Zeit wahrlich nicht immer schönes gesehen, aber wir haben gesehen, was mit den Spenden vor Ort gemacht wird. Sie retten Leben.

Bericht:Ron


Besuch von White Paw in Gostomel, Juni 2015

 

Für diesen Besuch hatten wir uns sehr viel vorgenommen.

Die wirtschaftliche Lage im Krisenland Ukraine ist nach wie vor katastrophal und durch die gestiegenen Preise für Futter und Medizin kämpfen wir weiter für eine gesicherte Grundversorgung der Tiere. Wir haben viel zu besprechen und wir sind in einer größeren Gruppe angereist um vorOrt auch richtig anzupacken.

Soya interessiert das alles wenig. Sie vertraut auf eine bessere Zukunft und döst gemütlich in der Sonne :-))

Gleich nach unser Ankunft fuhren wir in einen Zooladen um Katzenkratzbäume zu besorgen.

Sachspenden dürfen leider nicht eingeführt werden und wir wollten schon lange die Katzenzimmer im Tiereim aufpeppen.

Asia hatte lange gehofft, Helfer würden die Bäume für wenig Geld basteln, aber es klappte nie.

So gingen wir also kurzentschlossen shoppen und kamen fett beladen im Tierheim an, da war die Wiedersehensfreude doppelt groß ;-)

Jedes Katzenzimmer hat einen Baum bekommen und die Katzen waren restlos begeistert.

 

Wir schauten dann gleich nach "unseren" Welpen, für die wir kurz zuvor noch einen Spendenaufruf gemacht hatten, weil sie nicht gut gefressen hatten. Dank unseres Spezialwelpenfutters und Asias liebevoller Betreuung haben sie sich zu kleinen Wonneproppen entwickelt :-))

Asia meinte scherzhaft, sie würde das Futter extra in Näpfen mit der ukrainischen Nationalfarben servieren, wenn sie schon kein ukrainisches Futter bekommen.  

Melli war gleich wieder verliebt :-)) Deshalb wird dieser Welpe wahrscheinlich nach Deutschland kommen dürfen, wenn er alt genug für die Ausreise ist.

Leider ist es  immer noch so, dass Welpen im Tierheim sterben, weil es nicht genügend Quarantänemöglichkeiten gibt und kein Tierarzt regelmäßig ins Gostomel kommen mag um die kranken Tiere zu behandeln. Seit mittlerweile 3 Jahren versuchen wir die medizinische Versorgung zu verbessern. Bisher scheiterten alle Kooperationsversuche an der mangelnden Zuverlässigkeit der Tierärzte, wenn überhaupt welche bereit waren (trotz ordentlicher Bezahlung) ins Tierheim zu kommen.


Dieses mal waren wir mit einer Tierärztin verabredet, welche in einer Klinik in Kiew arbeitet. Sie soll zukünftig unsere Vermittlungshunde vor der Ausreise auf auf Ukraine typische Krankheiten testen. Doch regelmäßige Besuche im Shelter sind auch ihr zeitlich nicht möglich.

Asia lebt mit diesen Problemen seit Bau des Tierheims. Sie und ihre Helfer haben sich medizinische Kenntnisse selbst beigebracht.

Auch die Hündin auf dem Foto konnte Asia ohne ärztliche Hilfe retten. Sie lag schwer verletzt auf der Straße, blutete überall, erbrach Blut, konnte nicht aufstehen. Asia nahm sie zu ich und pflegte sie gesund.

 

Kastrationen werden regemäßig im Tierheim durchgeführt, nicht nur für die Gostomelhunde, sondern auch sämtliche Streuner der Umgebung werden kastriert und wieder freigelassen.

Julya wurde von einer Volontärin zum kastrieren ins Shelter gebracht. Sie lebt auch auf der Straße, ist aber sehr menschenbezogen und zutraulich. Draußen ist sie in ständiger Gefahr, aber auch den Rest ihres Lebens im Zwinger zu verbringen, wäre schlimm für sie. Es gibt in der Ukraine keine Perspektive für sie, wir haben die liebe Hündin deshalb in die Vermittlung aufgenommen.

Mehr zu Julya >


Asia freut sich sehr über unsere Unterstützung, weil sie grundsätzlich viel zu wenig Helfer für die vielen Hunde hat.

Im Team gehen wir von Zwinger zu Zwinger und verabreichen Entwurmungs- und Flohmittel.

Oft ist es eine Geduldsprobe, wenn die Hunde ängstlich sind, und die Wurmtablette trotz Leckerchendreingabe nicht nehmen wollen, aber am Ende schaffen wir es tatsächlich alle über 800 Hunde zu  behandels.

 

Beim Rundgang durch das Tierheim zeigt uns Asia die neuen oder neu renovierten Zwinger.

Eine große Schwachstelle ist immer noch der Außenzaun, der immer und immer wieder geflickt wird, aber nie wirklich dicht ist. Dadurch können immer wieder Hunde entwischen.

Schon lange träumen wir von einem stabilen Zaun oder einer Mauer, um das Gelände zu sichern, aber die Kosten sind viel zu hoch.

Wenige Tage später sollte uns wieder bewusst werden, wie wichtig ein sicherer Zaun ist. Als Ron außerhalb des Geländes herumlief, fand er eine zitternde verängstigte Hündin zwischen den Bauruinen. Jessy wurde Wochen zuvor aus dem Gostomel vermittelt und wahrscheinlich einfach wieder vor dem Tierheim ausgesetzt. Häufiger Grund, warum Ukrainer unzufrieden mit Hunden sind, ist, wenn sie Frenden gegenüber zu freundlich und deshalb als Wachhunde unbrauchbar sind. Jessy war völlig durcheinander und kam nirgends zur Ruhe. Schnell war klar, dass wir sie nach Deutschland holen wollten, doch sie entwischte aus dem Tierheim und wurde nicht mehr gefunden.  

 


Andere Hunde warten noch sehnlichst im Zwinger auf ihre Reise nach Deustchland in ein liebevolles Zuhause. Pavla und Nyusha werden bald in ihre Pflegestellen reisen. 

Matilda, Butterfly, June und ihre Mutter Nora haben noch keine Anfrage, aber das wird ich hoffentlich bald ändern.


Alle unsere Vermittlungshunde findet ihr hier >


Besuch von White Paw in Gostomel, Januar 2015


Noch nie seit Beginn unserer Unterstützung von Asias Tierheim war die Situation so schwierig. Die Lebensmittelpreise in der Ukraine sind weiter gestiegen und es gibt kaum noch Futterspenden, obwohl die Tierheimhelfer schon unentwegt Restaurants und Läden abklappern.

Im Dezember dann der absolute Notstand - Asia kann kein Futter mehr kaufen, es war absolut kein Geld mehr da. Über einen befreundeten Tierschützer schicken wir Geld in die Ukraine, um die Zeit bis zu unserem Besuch zu überbrücken.

 

Die über die letzten Wochen gesammelten Spenden von White Paw bedeuten endlich wieder eine volle Futterkammer für fast 900 Tiere. Im Winter ist ausreichend Nahrung besonders wichtig. Alles wird selbst gekocht.

Im Moment wird alle Hilfe wieder auf das wichtigste beschränkt, die Tiere satt zu bekommen. Renovierungen, neue Zwinger, Kastrationen u.s.w. müssen hinten angestellt werden.

 


Asia und ihre Helfer - sie lassen sich nicht unterkriegen. 

Täglich beweisen sie enormes Organisationstalent, um die Versorgung der Tiere zu sichern. An diesem Vormittag hatten sie mehrere Stunden gespendeten Tiefkühlfisch und Gemüse aus den kleinen Verpackungen gepuhlt, um den Hunden eine gesunde und nahrhafte Mahlzeit zu kochen.

Nach der Fütterung wurden über 150 Zwinger gereinigt.  



Und dazwischen muss immer Zeit für eine Schmuseeinheit sein. Hier mit Sierra, einer alten Hündin, die auch so dringend ein Zuhause bräuchte.

Seit einiger Zeit läuft sie sehr schlecht, die Kälte ist eine große Belastung, und medizinisch kann ihr in der Ukraine nicht geholfen werden.



Auch Palma rührte uns wieder sehr.

Seit unserem ersten Besuch in Gostomel kennen wir diese liebe Hündin.

Sie begrüßt jeden mit einem sanften Pfötchengeben, und liebt es gestreichelt zu werden.

Wir haben spontan entschieden, sie und Sierra  ausreisefertig machen zu lassen. Vielleicht werden sie von den richtigen Menschen gesehen, und bekommen endlich ein schönes Zuhause.

Mehr Infos finden Sie bei Vermittlung




Die Fotos der lachenden Asia mögen täuschen.

Nie vorher haben wir sie so traurig erlebt. Auch viele Tränen sind geflossen.

Asia sorgt sich sehr wegen des Krieges im Land, mit all seinen Folgen.

Zudem war zwei Tage vorher ein Hund gestorben, um den sie lange gekämpft hatte.

Es ist eine schwierige Zeit, und um so mehr hat es uns gefreut, Asia dann doch noch von Herzen lachen zu sehen, als wir sie mit unserem mitgebrachten Geburtstagskuchen überraschten.

Asia hat Ende des Jahres ihren 70sten Geburtstag gefeiert.



Bevor wir den Kuchen überhaupt anschneiden können, wird der nächste Notfall zu Asia ins Tierheim gebracht. Der kleine Vierra wurde im Eingang eines Wohnhauses in Kiew von einem jungen Paar gefunden, die ihn glücklicherweise ins Gostomel brachten. Vierra kann nicht laufen, er zieht die Hinterbeine nach.

Asia bringt ihn ihn in einen Innenzwinger und füttert ihn. Er hat großen Hunger.

Am Abend fahren sie ihn noch in die Klinik nach Kiew.

Dort stellt man fest, dass die Verletzung von einer äußeren Einwirkung kommt, wahrscheinlich ist er getreten worden.

Vierra bleibt vorerst in der Klinik.

Außerhalb des Tierheims treffen wir eine weitere Tierschützerin, die sich um Straßenhunde in einem Vorort in Kiew kümmert. Sie zeigt uns verschiedene Futterstellen, und wir sehen in kurzer Zeit um die 60 Hunde, darunter viele Welpen.

Täglich werden sie gefüttert, man hat ihnen kleine Hütten gebaut, und sobald es finanziell möglich ist, werden die Tiere kastriert und geimpft.

Viele der Hunde sind zutraulich, einige schmiegen sich an uns, um gestreichelt zu werden. Auch in diesen Gebieten werden immer wieder Hunde vergiftet, sie sind laufend in großer Gefahr.

White Paw unterstützt die Tierschützer, um den Hunden zu helfen.

Mehr dazu finden Sie unter Streunerprojekt Kiew

 

Bericht: Dani


Besuch von White Paw in Gostomel, September 2014

 

Der erste Eindruck ist frustrierend. Sowohl in dem kleinen Ort bei Gostomel, wo wir übernachten, als auch am Rand der großen Straße auf dem Weg zum Tierheim sind überall Streuner zu sehen. Bei jedem Besuch in der Ukraine werden es mehr.
Einige sahen sehr verwahrlost und krank aus, lassen sich aber nicht einfangen.
Auch einen toten Hund sehen wir vom Auto aus. Ob er überfahren oder vergiftet wurde, wissen wir nicht.

Wir sind froh, endlich im Tierheim anzukommen, und werden von der freilaufenden Hundegruppe stürmisch begrüßt.

Es ist schön viele bekannte Hundegesichter wie Maxim und Propochelka zu sehen. Aber auch neue Hunde sind dabei.

Zwei davon sollten mir die nächsten acht Stunden nicht von der Seite weichen:

Marla und Lismo. Beide sind noch nicht lange im Tierheim.
 


 

Schon oft haben wir erlebt, wie sich Neuankömmlinge an Besucher klammern.

Als seien sie noch voller Hoffnung schnell wieder abholt zu werden.

Die noch junge Marla war eine Straßenhündin in Kiew.

Asia hatte sie mit ins Gostomel genommen, weil sie unentwegt versuchte, Kontakt zu Menschen aufzunehmen.

Ein Verhalten, was bei Straßenhunden schnell den Vergiftungstod bedeuten kann.

 

Der kleine schwarz-weiße Lizmo wurde ebenfalls in Kiew gefunden. Er ist schon sehr alt. Ein Auge hat er verloren, er hält den Kopf etwas schief und das Laufen fällt ihm schwer. Man merkt sofort, dass er in einer Familie gelebt hat, denn er ist sehr anhänglich und verschmust.

Asia hat im Nachhinein erfahren, dass seine kanadische Familie in ihre Heimat zurückkehrte, und ihren kranken, alten Gefährten einfach zurück ließ.


Asia bringt uns in die Quarantänestation und zeigt uns eine Hündin, die ihr im Moment besonders große Sorgen macht. Sie hat einen Bombenangriff in der Nähe von Lugansk überlebt und lag irgendwo zitternd zwischen Trümmern. Menschen, die aus der Ostukraine nach Kiew geflohen sind, haben sie mitgenommen und im Gostomel abgegeben. Wir wissen nicht, ob es ihre Besitzer waren, aber sie haben ein großes Herz gezeigt, und in ihrer eigenen Not auch alles versucht um dem Hund zu helfen.
Sie ist traumatisiert, nicht anders als Menschen, die einen Krieg erleben.
Seit ihrer Ankunft verkriecht sie sich in ihrer Box, und frisst nur nachts, wenn es dunkel und ruhig ist.


In den letzten Monaten haben viele Menschen auf der Flucht aus dem Kriegsgebiet ihre Hunde in Gostomel abgegeben.
Sie versuchen in Kiew Arbeit und eine Wohnung zu finden, wo Hunde erlaubt sind, um ihre vierbeinigen Freunde wieder zu sich zu holen. Aber vielen wird es wohl nicht gelingen.

Seit Beginn unserer Zusammenarbeit hat sich im Tierheim viel verbessert.

Das Dach ist repariert und die Zwinger instand gesetzt. Überall stehen die Hundehütten von unserer Spendenaktion im vergangenen Jahr.
Das Gostomel ist, soweit möglich, gewappnet für den nächsten Winter.
Heute dienen die Hütten jedoch noch als Sonnenterrassen für die Hunde.
Es ist ein wunderschöner Herbsttag, die Hunde genießen Licht und Wärme.
Diese Stimmung macht es ein wenig leichter, denn man hat immer im Hinterkopf, dass fast alle dieser Hunde den Rest ihres Lebens im Tierheim verbringen werden.


Dann der wichtigste Teil des Tages - die Spendenübergabe. 

Asia hüpft herum wie ein junges Mädchen, strahlt und staunt, freut sich über Geldspenden in überdimensionalen Gummienten, meterlange gebastelte Geldspendengirlanden ("die häng ich an den Weihnachtsbaum"), ein mit kleinen Geschenken gefülltes Katzenkörbchen, und, überhaupt, über die vielen Menschen, die an ihre Tiere denken.
Man kann nur ständig wiederholen, wie wichtig unsere Unterstützung ist, die sie in ihrem eigenen Land nicht bekommt.

Ein Gedanke, der Asia immer sehr beschämt.

 

Das Land hat andere Sorgen als den Tierschutz.  

Asia war auch damals bei den Demonstrationen auf dem Majdan dabei.
Anfangs eine Zeit der Hoffnung. Asia zeigt uns eine zierliche junge Hündin, die ausgelassen mit ein paar anderen Hunden um einen mitgebrachten Ball balgt.
"Das ist Majdanka. Sie ist alles, was von der Revolution übrig geblieben ist.

Als die Demonstrationen vorbei und die Menschen weg waren, lag sie als Welpe allein auf dem Majdan.

Ich hab sie mitgenommen."

Bis auf ein kleines Kätzchen, was Asia schon am frühen Morgen gefunden und mitgenommen hat, werden wir an diesem Tag von Notfällen verschont.
Es bleibt Zeit für Gespräche, die sich vor allem um den Krieg und seinen Folgen dreht. Von Menschen, die ihr Leben verloren haben, Menschen, die flüchten mussten, Arbeitslosigkeit, Inflation, politische Ohnmacht, große Zukunftsangst und Tierleben, die noch weniger wert sind als je zuvor. Wenn es den Menschen schlecht geht, geht es den Tieren noch viel schlechter.

Bald wird Asia 70 Jahre alt. An Aufhören denkt sie nicht.

Einen Geburtstagswunsch für sich selbst hat sie auch nicht.

Nur Hilfe für ihre Tiere. Und ein Ende des Krieges


Nachtrag:

Nach unserem Besuch haben wir mit Hochdruck nach einem Zuhause für Lizmo und Marla gesucht, aber das Schicksal wollte es anders. Nur wenige Tage vor seiner Reise ins Glück lag Lismo tot in seinem Zwinger. Seine Kraft hat nicht mehr gereicht. Wir sind unendlich traurig und du wirst immer in unseren Herzen sein, kleiner Mann.

Auch seine Freundin Marla hat es nicht mehr geschafft. Liebe Menschen haben sie erwartet, aber wahrscheinlich hat Marla einen Durchschlupf im Zaun genutzt, um sich selbst auf die Suche nach einem Zuhause zu machen.

Wir hoffen, es geht dir gut, Marla, wo auch immer du jetzt bist.



Bericht: Dani

 


Jeder Griwnja/Cent für die Tiere

Gostomel, Mai 2013

Schon auf dem Weg nach Gostomel hat sie von diesem Hund gesprochen, und gleich ihr erster Weg führt zu seinem Zwinger.

Ihre Tochter hatte ihn vor ein paar Tagen ins Tierheim gebracht, nachdem sie ihn auf einer befahrenen Straße orientierungslos zwischen den Autos herumirren sah.

Ein großes Glück für ihn, aber Asia weiß, wie schwierig die ersten Tage für Neuankömmlinge sind.

Meist haben sie Schlimmes erlebt, sind ängstlich und durcheinander.

 

Dem Collie geht es gesundheitlich gut, aber er er versteht die Welt nicht mehr und ist sichtlich verzweifelt. Die vielen Hunde sind ihm unheimlich, er winselt viel. Ruhiger wird er nur bei  Menschenkontakt, bestimmt hat er einmal ein Zuhause gehabt und trauert um den Verlust.

Wir hoffen alle für ihn, dass er vermisst wird, und mögliche Besitzer sich melden.

Es ist unser zweiter Besuch in Gostomel, aber alles kommt uns schon sehr vertraut vor.

Selbst die Hunde, die sonst bei jedem Ankömmling ein Riesenspektakel veranstalten, scheinen uns noch zu kennen.

Das Tierheim wirkt voller als im Februar, aber damals hatten sich die Hunde nur wegen der Kälte in ihren Hütten verkrochen. 

Jetzt ist es in der Ukraine, im Gegensatz zum mäßig warmen Frühling in Deutschland, schon sehr heiß.

Auf dem Vorplatz sind überall große Wasserschüsseln aufgestellt, und die Hunde dösen viel im Schatten der Bäume.

Kaum vorstellbar, dass noch im März Schneemassen sämtliche Außenzwinger bedeckt hatten.

Das Tierheim war mit dem Auto nicht erreichbar, und erst nach einem Tag gab es die Möglichkeit durch ein Fenster in das Gebäude zu steigen und die Tiere zu versorgen.

Draußen waren die Hundehütten zugeschneit, und die Hunde haben sich durch das Holz gebissen. Durch das Gewicht des Schnees waren weitere große Schäden am ohnehin baufälligen Dach des Tierheimgebäudes und an den Außenzwingern entstanden.

Eine schwierige Zeit für Asia.

Noch weiß sie nicht, dass wir ihr mit den mitgebrachten Spenden zumindest eine große finanzielle  Sorge nehmen können.

Wenn Asia von den Schneemassen und den Aufräumarbeiten erzählt, ist sie immer noch aufgewühlt.

Wir machen eine erste Runde durch das Tierheim, und sie zeigt uns die vielen Baustellen.

Die Instandsetzung ist schon in vollem Gange. Die Zeit ist knapp, bis zum Winter müssen die Renovierungen abgeschlossen sein.

Die Katzenaußengehege sind wieder provisorisch nutzbar, und die meisten Dachziegel am Gebäude bereits ausgetauscht. Trotzdem gibt es noch viel Arbeit. Die Dachrinne muss erneuert, und Risse in den Außenwänden repariert werden. Es ist wichtig, dass Innenzwinger und die Krankenstation einigermaßen abgedichtet sind, um sie beheizen zu können. Brennholz ist teuer.

Zusätzlich müssen an den Außengehegen viele verrostete Gitter und Türen ausgetauscht werden.

Auch an diesem Wochenende sind Arbeiter, Volontäre aus Kiew und Asias Mann mit dem Bau beschäftigt.

Asia kümmert sich währenddessen um die Tiere.

Sie putzt, kocht, reinigt Zwinger, schleppt Wassereimer und Getreidesäcke.

Man kann nicht glauben, wie alt sie ist, wenn sie über das Gelände flitzt.

Dabei ist sie immer sehr aufmerksam, merkt sofort, wenn es bei den Hunden Unruhe gibt, schlichtet, tröstet, streichelt, schaut nach möglichen Verletzungen.

Melli und ich versuchen uns nützlich zu machen.

Wir reinigen den OP-Raum, wo in den folgenden Tagen Kastrationen durchgeführt werden, und machen draußen die Zwinger sauber. Mit Asias Tempo können wir allerdings nicht mithalten.

Wir wundern uns, wie wenig Asia und Swetlana die Hitze auszumachen scheint, während wir schon nach dem Säubern einiger Zwinger ordentlich angestrengt sind.

Der tägliche Ablauf im Tierheim bedeutet harte körperliche Arbeit für das ganze Team.

Eine der wichtigsten Stützen für Asia ist Swetlana. Sie kümmert sich fast rund um die Uhr um die Tiere.

Im Februar-Bericht konnte man schon gut erkennen, mit welch einfachen Mitteln das Tierheim betrieben wird. Schon der Bau des Brunnens bedeutete ungeheuren Luxus und eine enorme Arbeitserleichterung.

 

Bald wird es sogar eine Sommerdusche geben!

Als die dringensten Arbeiten erledigt sind, haben wir endlich Zeit nach unseren Sorgen-Fellen zu schauen.

Die kleine Demodex-Hündin, die im Februar noch sehr schlimm aussah, hat sich erholt.

Haut und Fell sehen viel besser aus. 

Auch Mellis Sorgenkatze Tiffy, die eigentlich ein Kater ist, wurde medizinisch versorgt, und ist wieder vollkommen genesen.

Überhaupt nicht wiederzuerkennen ist die im Februar völlig abgemagerte Hündin Suchra, welche auf der Straße 27 Welpen versorgt hatte. Asia zeigt sie uns gleich als erstes, sie freut sich sehr über ihre Entwicklung. Suchra bekam Aufbaupräparate und hat wieder ein gutes Gewicht.

Sie ist sehr ängstlich und versteckt sich immer in ihrem Häuschen. Netterweise hilft mir Swetlana und wirft Futterbrocken in den Auslauf, damit die Hündin herauskommt, und ich sie fotografieren kann.

Suchra, die sich schon immer so rührend um fremde Welpen gekümmert hat, darf das in Gostomel auch weiter tun, und lebt zusammen mit den Welpen und Junghunden im Zwinger.

Die Tiere stehen exemplarisch für viele Sorgen-Felle, welche mit den Spenden von "White Paw" im Februar behandelt werden konnten. Natürlich wurde noch viel mehr Hunden und Katzen medizinisch geholfen.

Die Krankenstation ist voll, und vor allem Neuzugänge verursachen immer hohe Tierarztkosten.

 

Wir nutzen die etwas ruhigere Mittagszeit für die Spendenübergabe.

Viele, viele tierliebe Menschen haben geholfen, dass "White Paw" eine Gesamtsumme von über 6500 Euro für die Dachrenovierung erreicht hat.

Die Spender konnten symbolisch Herz-Dachziegel im Wert von 10 Euro kaufen, und das Dach konnte zu über 3/4 "gedeckt" werden.

Asia ist sprachlos, aber ihr Gesicht sagt alles...

Das Tierheimherzdachbild hängt jetzt über ihrem Schreibtisch.




Die Freude ist Asia deutlich anzumerken.

Wir genießen die kleinen Momente, in denen wir die Sorgen (fast) vergessen.

Asia ist ein sehr humorvoller Mensch, und vor allem Melli bringt sie oft zum Lachen.

Zum Beispiel als sie versucht beim Holzhacken zu helfen. Asia kann es kaum fassen und holt in Windeseile ihren Fotoapparat, während Dimitri die Flucht einleitet, und Swetlana sich mit der mitgebrachten Schoki aus Deutschland beruhigt.

Zum Glück haben alle Beteiligen Mellis Einsatz unversehrt überstanden - Das meiste Holz übrigens auch.



In jeder freien Minute werden die Hunde gestreichelt, und wieder erobern sie unsere Herzen im Sturm.

Ganz besonders hat es mir dieser wunderbare Hund mit dem griechischen Namen (den ich mir nie merken kann) angetan. 

Asia fand ihn an einem Wehnachtsabend bewegungslos vor ihrer Tür liegend.

Sie dachte erst, er sei tot. Aber zum Glück war er "nur" von Hunger und Kälte geschwächt, und hat sich im Tierheim schnell zu einem starken, souveränen und sehr ausgeglichenen Hund entwickelt.

Eines von derzeit 800 Tieren, das ohne Asias Hilfe wohl nicht mehr am Leben wäre.



Leider gibt es auch wieder viele Welpen im Tierheim.

Unten sieht man Asia mit ihrer Lieblingshündin.

Während unseres Aufenthalts kommen einige heißerwartete neue Hundehütten an.

Bisher wurden die Hütten aus alten Brettern zusammengebastelt und hielten meist nicht länger als einen Winter. Das alte Holz bot auch zu wenig Schutz gegen Feuchtigkeit.

Während des starken Schneefalls im Februar haben zudem einige Hunde die Vorderwand kaputt gebissen, weil die Eingänge zugeschneit waren.

Die neuen Hütten werden den Hunden viel besseren Schutz vor der Witterung bieten und einige Jahre halten.

Es wäre gut, alle alten Hütten auszutauschen. Aber diese hier sind ein Anfang.

Asia erzählt uns, dass die Stadt wieder zunehmend Meldungen über aggressive Streuner im Ort Gostomel verbreitet. Diese Art der Propaganda dient dazu, das Töten der Hunde zu rechtfertigen.

Tatsächlich sehen wir in Gostomel und den umliegenden Orten überall viele Streuner.

Wir haben Gelegenheit Tierschützer zu treffen, die sich vor allem um diese Tiere kümmern.

 

Auf den ersten Blick scheint es den Hunden und Katzen relativ gut zu gehen, doch der Eindruck täuscht. "Kaum ein Tier auf der Straße wird älter als ein Jahr", erzählen die Tierschützer. Das Leben draußen ist gefährlich: Kälte, Hunger, Krankheiten, Kämpfe der Hunde untereinander und nicht zuletzt Vergiftungen führen meist zu einem frühen Tod.

Wir sehen einige Hunde, die von Ukrainern regelmäßig gefüttert werden. Diese Hunde sind gut genährt und oft auch zutraulich. Die eher kranken und ängstlichen Hunde halten sich versteckter.

Die Fotos sind auf einem Markt entstanden, wo sich die Tiere von Essensresten ernähren können. Die Hunde sind völlig entspannt und friedlich. Man hat auch nicht den Eindruck, dass sich die Menschen gestört fühlen.

Wir zählen einen kastrierten Hund mit Ohrenmarke, ansonsten viele, viele Welpen.

Man fragt sich immer wieder, wie es möglich sein kann, dass ein Projekt wie Asias Tierheim keine Unterstützung durch die Stadt erhält, und die Regierung weiter auf tierschutzrelevante Methoden setzt.

Die Tierschützer kämpfen einen einsamen Kampf, nicht nur gegen das Tierelend und die Regierung, sondern leider auch immer noch gegen die Einstellung vieler Menschen.

Zwar sind die meisten Ukrainer grundsätzlich gegen die Tötung der Tiere, doch immer wieder begegnet uns Unverständnis, wenn es darum geht, zu helfen.

Wer Geld für Tiere ausgibt, hat offensichtlich zu viel davon. Eine Sichtweise, die es den Helferrn schwer macht.

Wir führen lange, frustrierende Gespräche zu diesem Thema.

Eine junge Frau, die regelmäßig Straßentiere füttert, erzählt uns, wie sie gemeinsam mit einer Freundin beim Auffüllen einer Futterstelle angesprochen wurde. Der Mann fragte sie freundlich und interessiert, was sie da mache.

Als sie später alleine auf dem Nachhauseweg war, wurde sie von ihm krankenhausreif geprügelt.

Und trotzdem - sie machen weiter. Geben ihr letztes Geld für die Tiere, riskieren sogar ihre eigene Gesundheit.

Zuhause haben sie so viele Tiere wie möglich aufgenommen und versuchen sie zu vermitteln.

Aber kaum einer adoptiert einen Hund oder eine Katze, solange man auf Märkten Welpen zum Schleuderpreis kaufen kann.

Die Eindrücke und Gespräche machen uns zu schaffen. Gegen das Leben auf der Straße erscheint uns ein Tierheim wie das Gostomel als Paradies.

Mir fällt der Schäferhund ein, von dem Asia am ersten Abend erzählt hat.

Sie fand ihn ein paar Tage zuvor auf dem Weg zum Tierheim. Er war alt und wahrscheinlich krank, konnte sich vor Schwäche kaum auf den Beinen halten.

Sie legte ihm eine Decke in die kleine Tierheimküche und versuchte ihm Futter zu geben.

Es dauerte lange, dann nahm er einige Brocken aus ihrer Hand und schlief dankbar ein.

Als sie nach ein paar Minuten nach ihm sah, war er tot. "Ich konnte ihm nicht helfen" sagte sie und hatte dabei Tränen in den Augen.

Ihr Mitgefühl für jedes einzelne Tier und sein Schicksal ist unbeschreiblich. Dabei hat sie bereits Verantwortung für mehrere Hundert Hunde.

Asia weiß, ihre Arbeit ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ihr Tierheim ist überfüllt und es gibt Tausende von Streunern, die keine Chance auf ein Leben haben.

Unermüdlich reist sie deshalb durch die Ukraine, führt Gespräche, hält Vorträge, verhandelt und klärt auf.

Noch hat sie viel zu wenig Unterstützung in ihrem eigenen Land, und um so wichtiger ist die Hilfe aus dem Ausland.


Einige Tage nach unserer Rückkehr nach Deutschland erreicht uns eine wunderbare Nachricht:

Die Besitzer des Collies haben ihren Hund auf der Homepage des Tierheims wiedererkannt und sich sofort auf den Weg gemacht, um ihn nach Hause zu holen.

Er hatte großes Glück.

 

Ein Zuhause zu finden oder dorthin zurückzukehren ist selten, und ein Leben auf der Straße gefährlich. Für die Hunde in Gostomel ist das Tierheim meist die einzige Rettung, aber auch die letzte Station ihres Lebens.


Bericht: Dani   


"White Paw Organisation e.V." hat im Dezember 2012 eine Spendenaktion für das Tierheim von Asia Serpinskaya ins Leben gerufen.

 

Asia kennen wir von ihren Besuchen in Deutschland.


Im Februar 2013 haben Melanie Vogelei und ich das Tierheim von Asia besucht, um die Spenden zu übergeben, und um einen kleinen Eindruck der Situation vor Ort zu bekommen.

Uns war ziemlich mulmig zumute.

Die Bilder getöteter Straßenhunde haben uns monatelang bis in den Schlaf verfolgt, und kurz vor unserer Reise gab es wieder Meldungen über Vergiftungen in Kiew.

Würde man überhaupt noch Streuner in der Stadt sehen, und in welchem Zustand würden die Hunde im Tierheim sein?


Auf der Fahrt vom Flughafen unterhalte ich mich mit einer Volontärin des Tierheims.

Sie lebt in einer Vorstadt von Kiew und beobachtet und füttert dort seit Jahren ein Rudel von Hunden.

Sie erzählt, die Menschen dort seien an die Streuner gewöhnt und akzeptieren sie.

Keiner würde den Hunden etwas zu Leide zun, viele Leute füttern sie, legen Decken oder Pappen gegen die Kälte bereit oder bauen ihnen sogar Hütten.

 

Einmal habe sie selbst ein negatives Erlebnis mit einem Hund aus "ihrem" Rudel gehabt. Sie war schnell mit dem Fahrrad an den Hunden vorbei gefahren und wurde von einem Hund angegriffen und gebissen.

"Aber..." sagt sie " wenn man so provozierend hastig durch ihr Territorium fährt, brauche man sich nicht wundern. Das sei eben ihre Schuld gewesen."

 

Ob die Menschen in Deutschland auch so tolerant wären?


In der Stadt sehen wir ein paar Hunde, die alleine unterwegs sind. Es könnten Streuner sein, aber auch Hunde, die einfach ein paar Stunden allein draußen sind.

Man kann wahrscheinlich in der Ukraine leben, ohne jemals etwas von den Massentötungen gehört, gesehen oder gelesen zu haben.

 

Wir laufen durch das historische Zentrum mit wunderschönen alten Gebäuden und Kastanienbäumen.Es fällt mir schwer, Land und Menschen mit den Bildern, die monatelang durch die Verteiler gingen, in Einklang zu bringen: Sterbende Hunde mit schäumendem Maul am Straßenrand. Menschen, die gleichgültig über einen toten Hund auf der Treppe zur U-Bahn hinwegsteigen. Lebendig verschüttete Hunde in Massengräbern. Welpenmärkte. Kopfgeld für getötete Tiere. Mobile Krematorien in denen die Hunde teils lebend verbrannt wurden.

Das kommt mir jetzt vor wie ein schlechter Traum. 



Am nächsten Morgen fahren wir zum Tierheim, etwa 20 km außerhalb von Kiew.

Asia hat es vor 13 Jahren als zerfallenes Stallgebäude gekauft, um ihren Traum zu verwirklichen, und möglichst viele Hunde vor dem sicheren Tod zu retten.

Über die Jahre hinweg hat sie durch eigene Mittel und privaten Spenden das Tierheim renoviert und aufgebaut. Sie bekommt weder staatliche noch sonstige regelmäßige Unterstützung.

Mittlerweile leben etwa 700 Hunde und 100 Katzen bei ihr.



Als wir das Gelände betreten, sind die Hunde außer Rand und Band.

Asia wird so stürmisch begrüßt, dass sie sich kaum auf den Beinen halten kann.

Die freilaufenden Hunde werden sie für den Rest des Tages bei jedem Schritt begleiten.





Auch wir werden begrüßt, wenn auch etwas zurückhaltender.

Wir beginnen mit einem Rundgang durch das Tierheim.

Gleich am Anfang fällt auf, wie sauber alles ist. Auch der typische Tierheimgeruch ist nicht vorhanden.


Im ersten Raum befindet sich die Futterküche und einige Innenzwinger. Darin sind die Welpen und Junghunde untergebracht, für die es draußen zu kalt ist.





Weiter geht es zu den Katzenzimmern.

Im Flur liegen einige Decken und Matratzen für die Hunde.

Manch einer nutzt auch Verpackungsmaterial als Schlafplatz.



Diese Welpen wurden erst am Morgen in einem Karton vor dem Eingang abgestellt.  Aus Platzmangel sind sie provisorisch im Flur eines Katzenzimmers untergebracht.


Auch die Krankenstation ist natürlich im Innenbereich.

Der braun-schwarzen Hündin Suchra geht es sehr schlecht. Als sie von der Straße geholt wurde, hatte sie 3 eigene und 27 fremde Welpen, die sie gesäugt, versorgt und beschützt hat. Sie war völlig erschöpft und ausgemergelt. Im Tierheim hat sie sich zunächst gut erholt, doch seit zwei Wochen frisst sie kaum und kann nicht aufstehen.

Mit den Spendengeldern von White Paw wird sie in einer Klinik versorgt werden.


Im nächsten Raum sind alle Zwinger leer.

Der Winter hat große Schäden am Gebäude angerichtet.

Asia erzählt, im Dezember konnte das Dach den Schneemassen nicht mehr standhalten.

An einigen Stellen ist es eingebrochen und es besteht akute Einsturzgefahr.

Ausgerechnet bei Minusgraden ist ein Großteil der beheizbaren Räume nicht mehr nutzbar.



Auch die Außengehege der Katzen sind zerstört.

Sobald es wärmer wird, müssen sie dringend repariert werden.




Wir haben unendlich viele Fragen an Asia.

Zum Glück gibt es Oksana, die mit Engelsgeduld stundenlang übersetzt, informiert und organisiert.

Und jede kleine Pause nutzt, um einen Hund zu knuddeln :)


Die Außengehege sind in einem Außen- und einem Innenkreis um das Gebäude herum angeordnet.

Die Hunde haben nur zum Nachbarzwinger direkten Blickkontakt, was den Stresslevel niedrig hält.

Die Rudel in den einzelnen Abschnitten verstehen ich gut. Asia und ihr Team kennen die Hunde und können sie gut einschätzen.

Für ein Tierheim dieser Größenordnung herrscht eine sehr entspannte Stimmung.


In der Ukraine sind Temperaturen bis -25 Grad nicht ungewöhnlich.

Zum Glück haben die meisten Hunde dickes Fell und es gibt Hundehütten. Alles ist aus Bauresten gebastelt, um die Kosten so niedig wie möglich zu halten.


Schwierig sind die Witterungsverhältnisse für die kranken Hunde.

Wegen der Gebäudeschäden können nur die schlimmsten Notfälle innen untergebracht werden.





Die vielen wunderbaren Hunde und ihren Blicke machen jeden Kommentar überflüssig.

Ab und an werden auch in der Ukraine Hunde aus Tierheimen adoptiert. Kostenlos natürlich, denn man bekommt überall auf den illegalen Welpenmärkten Hunde für fast kein Geld.

Im Winter gibt kaum Vermittlungen, im Sommer wenigstens ein paar pro Monat.

Asia erzählt, dass oftmals Hunde, die in die Nähe ein Zuhause finden, ausreißen und wieder vor ihrem Tierheim stehen.



Der Tierschutz in der Ukraine steht noch ganz am Anfang, und wir kennen die schlimmen Berichte der aktuellen Situation (http://animalprotect.org/de/situation.html). Aber viele Menschen möchten auch helfen.

Vor ein paar Wochen hat ein tierlieber Ukrainer 3 Hunde aus einer schlechten Haltung befreit. Selbst konnte er sie nicht behalten und brachte sie deshalb zu Asia. Als er hört, dass deutsche Tierschützer zu Besuch sind, kommt er selbst ins Gostomel und bittet uns um Hilfe bei der Vermittlung. Sein größter Wunsch ist es, seine Schützlinge in einem guten Zuhause zu wissen. Er würde sogar sämtliche Kosten für Impfungen und Ausreise nach Deutschland übernehmen und alles organisieren. 




In der Zwischenzeit ist die Futterlieferung angekommen.

Es ist unmöglich für die vielen Hunde Fertigfutter zu kaufen, deshalb wird selbst gekocht.

Zum Glück hat das Tierheim mittlerweile eine Wasserleitung.

Der Brunnenbau wurde erst vor ca. einem Jahr durch eine Spendensammlung in Deutschland ermöglicht.


Ein LKW hat Schlachtabfälle direkt in den Innenhof des Tierheims geliefert. Von dort wird es in Schubkarren zu den Kochkesseln gebracht und zusammen mit Getreide oder Brotresten zu Brei gekocht.

Zum Abkühlen werden die Töpfe in den Schnee gestellt.












Die wichtigste Person im Tierheim neben Asia ist Swetlana.

Sie lebt und arbeitet dort mit unglaublicher Energie und großem Einsatz.

Früher war sie in einem Steuerbüro angestellt, nun gilt ihre ganze Kraft den Tieren.

Dabei ist sie auf die Mithilfe von Volontären angewiesen, die stundenweise im Tierheim mithelfen.



Eine der wichtigsten Volontärinnen ist Nadija, die sich vor allem um die kranken Tiere kümmert. Einmal hat Nadija eine überfahrene Hündin auf Bahngleisen gefunden und mit nach Hause genommen. Die Hündin war tragend und hat bei dem Unfall alle Welpen verloren. Ihr musste ein Beinchen amputiert werden, aber sie hat überlebt. Nadija hat sich aufopferungsvoll um sie gekümmert bis "Tori" von Melli in Deutschland adoptiert wurde. 


Wir machen Kaffeepause im Büro.

An der Wand hängen viele Fotos von glücklichen Hunden und Menschen.

Daneben ein Schild mit der sinngemäßen Übersetzung:

"Wir haben keine Besitzer, aber ist es unsere Schuld?"

Asia gibt erst mal allen Hunden einen Keks.

Eigentlich wollen wir jetzt die Spenden übergeben und einiges besprechen, aber wir kommen nicht dazu.


Vom Eingang des Tierheims sind aufgeregte Stimmen zu hören. 

Einige Volontäre haben einen Pappkarton vor dem Tierheim entdeckt und rufen Asia und uns herbei.

Wie befürchtet sind Welpen in der Kiste. Schon zum zweiten Mal an diesem Tag wurde auf diese Art unerwünschter Nachwuchs "entsorgt".

Die Kleinen sind gerade 2 Wochen alt. Asia ist entsetzt. Es sind 9 Stück und die Innenzwinger sind alle besetzt.

 







Sie muss improvisieren und bringt die Welpen in ein Katzenzimmer.

Dort der nächste Schreck. Sie sind krank und können die Vorderläufe schlecht bewegen. Einige sind richtig verkrümmt.

Wir wissen nicht, was den Welpen fehlt, und auch unsicher, ob es im schlimmsten Fall ansteckend sein könnte.

Es gibt keine Möglichkeit die Hunde zu separieren.


Uns wird wieder bewusst, wie dringend das Tierheim Unterstützung braucht. 

Asia kann Kosten für Futter, Pflege und Unterbringung niedrig halten (und auch dann ist es eine enorme Leistung).

Aber ein Tierarzt kostet viel Geld.

Deshalb fehlt es an medizinischer Versorgung.

Heute ist es zum Glück möglich mit den Welpen zum Tierarzt zu fahren.


Die Tierärztin diagnostiziert eine Rachitis.

Wahrscheinlich lebt die Mutterhündin in einem dunklen Stall ohne Sonne und ist mangelernährt.

Mit Zusatzfutter kann den Welpen hoffentlich geholfen werden.


Nach dem Tierarztbesuch müssen sich die Welpen erst mal stärken.

Wir sind etwas beruhigter und starten einen neuen Versuch für die Spendenübergabe.

Gerade als wir das erste Foto machen wollen, klingelt Asias Telefon mehrmals hintereinander.

Wir sehen ihr sofort an, dass sie schlechte Nachrichten bekommen hat.


Die Anrufer haben neue Vergiftungsfälle aus Kiew und noch mehr aus der Westukraine gemeldet. Diese traurigen Telefonate werden uns bis zum Abflug am nächsten Tag begleiten.

 

Nach wie vor bestreitet die Regierung die Tötungen.

Auf die weltweiten Proteste vor der Fußball-EM 2012 wurde mit einem offiziellen Tötungs-Stopp reagiert, jedoch nur in Kiew und Odessa wurde es für kurze Zeit eingehalten. Die offizielle Bereitschaft einer Kooperation mit internationalen Tierschutzorganisationen war wohl eher eine Strategie die Massen zu besänftigen. Man erlaubte die Durchführung von im Ausland finanzierter Kastrationsprojekte, versprach publikumswirksam den Bau von Tierheimen und tötete kurz darauf weiter wie zuvor. Einziger Unterschied: Das Sterben sollte unauffälliger sein. Ein Grund, warum die Dokumentation der Vergiftungen so wichtig ist und Bilder veröffentlicht werden. 

Besonders schockierend ist die Tatsache, dass auch sämtliche, deutlich als kastriert gekennzeichnete Streuner (und auch Hunde, die ein Zuhause haben), getötet werden.

So ist trotz aller offiziellen Beteuerungen ein Tierheim wie das Gostomel (und leider gibt kaum gut geführte Tierheime in der Ukraine) der einzig sichere Ort für einen Hund oder eine Katze ohne Besitzer.


Der Moment der Spendenübergabe ist durch die traurigen Nachrichten noch emotionaler geworden. Wut, Ohnmacht, aber auch das gute Gefühl an genau der richtigen Stelle zu helfen.

Asia hat uns sehr beeindruckt, als Mensch und als Tierschützerin.

Ich wünschte mir ein Stück ihres Kampfgeistes und hab mich oft gefragt, woher sie die Kraft nimmt. Wenn man sie im Umgang mit ihren geliebten Tieren erlebt, kann man die Antwort vielleicht erahnen.



Zum Abschluss unseres Besuchs zeigt uns Asia in Kiew das Denkmal des Katers Pantagruel.

Er lebte in einem Cafe und verlor bei einem Brand sein Leben.

Es heißt, wenn man die Katzenskulptur streichelt, geht ein Wunsch in Erfüllung...

Und ich bin sicher, wir haben uns alle dasselbe gewünscht.