Kamilla und das Versprechen an eine Kämpferin

Krieg und Evakuierung (März 22)


Die 6-jährige Kamilla verlor schon als junge Hündin in der Ukraine ihr Zuhause und landete für viele Jahre im Zwinger.
Keine Aussicht auf eine Adoption. 
Dann musste sie den Krieg und die Angriffe auf Kiew miterleben.
Sie gehörte zu den Hunden, die wir im März 2022 unter schwierigsten Bedingungen evakuieren mussten. 
Einige Vororte im Norden Kiews wie Irpin, Gostomel und Butscha waren bereits unter russischer Gewalt und von der Versorgung abgeschnitten. 
Es war kein Kontakt mehr zu Tierschützern und Freunden mehr möglich und neben vielen menschlichen Opfern sollten auch mehrere unserer Hunde diese Zeit nicht überleben. 
Auch Kiew drohte unter Besatzung zu geraten. Täglich gab es Angriffe und die Hunde im Pensionszwinger waren in ständiger Panik. 
Während des Lärms von Sirenen und einschlagenden Bomben versuchten sie sich Löcher in den Betonböden der Zwinger zu graben oder die Gitter zu zerbeissen und zu flüchten. Manche Tiere drückten sich nur noch in eine Ecke, verweigerten das Futter oder erbrachen es vor Angst. 
Es dauerte zwei Wochen, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, bis wir zwei Autos, Benzin, Käfige und Fahrer finden konnten, die den ungewissen Weg bis zur Grenze auf sich nahmen. 
Der Transport dauerte drei Tage bis die Hunde sicher in unserem Partnertierheim in Polen ankamen. 


Quarantäne und eine viel zu lange Wartezeit in Polen (März bis Dez.22)

In Polen herrschte das reinste Chaos, aber es war für die Tiere, die zwar alle geimpft waren, aber keine Tollwuttiterbescheinigung hatten, die einzige Möglichkeit später legal weiter nach Deutschland zu reisen. 
Damals wurden wir von Adoptionsanfragen förmlich überrollt, aber uns war schnell klar, dass die meisten aus einem spontanen Gefühl heraus gestellt wurden, helfen zu wollen Was schön und verständlich ist, aber alleine nicht ausreicht für ein ganzes Hundeleben. 
So blieben nicht viele Interessenten übrig für die teilweise traumatisierten Tiere und leider auch niemand für Kamilla. 
Aus den geplanten drei Monaten Wartezeit im polnischen Tierheim wurden neun Monate, bis wir sie in der Hoffnung ihre Adoptionschance zu erhöhen, nach Deutschland in die Hundepension holten.


Kamillas Weihnachtsgeschenk:  Vom Tierheim in die Hundepension  (Dez. 22 bis Juli 23)

Kurz vor Weihnachten war es soweit. Kamilla und weitere Hunde durften vom Tierheim in Polen nach Deutschland kommen. 
Wir wussten nicht viel von ihr, aber ganz schnell haben wir sie lieb gewonnen.
Kamilla war von Anfang an sehr menschenbezogen und zutraulich. Sie genoss jede Aufmerksamkeit und Streicheleinheit und freute sich immer ganz besonders, wenn jemand aus unserem Team zu Besuch kam und sie zu einem Spaziergang abholte. 
Trotzdem hat es ein halbes Jahr gedauert, bis die erste wirklich hoffnungsvolle Anfrage kam. 


ENDLICH - das Life-Changing Date im Eiscafe (Juni 23)

Als Kamillas Kennenlernbesuch anstand, waren wir alle richtig aufgeregt.
Ihre Interessentin hatte eine lange Anfahrt und sich extra ein paar Tage frei genommen, um viel Zeit mit Kamilla zu verbringen.
Es war eine herzliche Begegnung und sehr schöne Zeit.
Nach einem ausgiebigen Beschnüffel- und Kuscheltermin auf der Hundewiese war ein Kleinstadttauglichkeitsstest angesetzt.
Kamilla hatte ihren besten Kumpel Ugoljok mitgebracht und beide haben ihren ersten Ausflug in eine Fußgängerzone mit Bravour gemeistert.  
Beide hatten das Herz der Interessentin schon längst im Sturm erobert und am liebsten hätte sie Kamilla und Ugo gleich im Doppelpack mitgenommen. Aber wir waren alle sicher, die vermeintlich ruhigere Kamilla ist die passende Begleiterin. 
Zwei Wochen später sollte sie umziehen.
Nur noch alles vorbereiten und ein letzter Check beim Tierarzt.

Schockdiagnose (Juli 23)

Die normalen Untersuchungen wie Mittelmeerkrankheitencheck waren schon lange erledigt. Aber im letzten Monat war uns bei den Besuchen in der Pension aufgefallen, dass Kamilla verändert war. Sie war ruhiger, wollte weniger mit den anderen Hunden in den Auslauf und schien irgendwie bedrückt. Da sie sehr die Nähe zu Menschen suchte, dachten wir, sie vermisst ein Zuhause. Aber um auszuschließen, dass sie Schmerzen hatte, wurde sie nochmal dem Tierarzt vorgestellt, der Rückenschmerzen vermutete.
Beim Röntgentermin war nichts Gravierendes zu erkennen und sie war auch wieder agiler. 
Doch dann schonte sie kurz vor ihrem wichtigen Kennenlerntermin einen Hinterlauf. 

 

Wir vereinbarten erneut einen Termin in der Klinik. Keiner hatte eine schlimme Diagnose erwartet, denn Kamilla war grundsätzlich fit und wir so glücklich, dass sie bald den Zwinger für immer verlassen und in ihr Zuhause ziehen würde. 
Dann der Schock.... Ihre Hüfte wurde geröngt und zeigte eine sehr starke Dysplasie und Arthrose. 
So schlimm, dass der Tierarzt von einer Hüftprothese als vermutlich beste Option sprach. 

Wir waren wie erschlagen. Wie sollte das gehen? Abgesehen von der unfassbaren fünfstelligen Summe für die Kosten der beiden Operationen ist auch die wochenlange intensive Nachsorge nach dem Eingriff in einer Hundepension definitiv nicht machbar. 
Kamillas Interessentin hatte erst ihre Seniorhündin verloren und zuvor mit all ihren Altersbeschwerden liebevoll umsorgt. 
Sie hatte sich auf lange und unbeschwerte Spaziergänge mit Kamilla gefreut und die Nachricht traf sie hart und unvorbereitet. 
Niemand, der Kamilla in den vergangenen Monaten erlebte, hatte ihre Beschwerden und Schmerzen erahnt. 
Wie sehr hat die tapfere Hündin alles überspielt...


Spezialistentermin und spontaner Umzug (Aug. 23)

Die folgenden Tage und Wochen verbrachten wir mit Recherchen, Telefonaten und weiteren Terminen. 
Zu einem wichtigen Termin bei einem Spezialisten kam Kamillas Interessentin wieder mehrere Hundert Kilometer gefahren um dabei zu sein. Diagnose und Empfehlung waren wieder die gleichen. Mindestens eine extrem teure Hüftprothese. Ein großer Eingriff mit wochenlanger Nachsorge, in der sich der Hund kaum bewegen darf. 
Der Spezialist empfahl uns vorher alle konservativen Möglichkeiten auszuschöpfen und alles tun, was ihre Beschwerden lindern und sie gegebenfalls für die Operation vorbereiten würde. Regelmäßige Bewegung, Muskelaufbau, Schmerzmittel nach Bedarf und genaues Beobachten. Aber auch ein sicheres, entspanntes Umfeld und Bezugspersonen, denen Kamilla vertraut, seien eine wichtige Basis für die Behandlung. 

Nach diesem Termin ist Kamilla nicht wie geplant in die Hundepension zurückgekehrt. 
Sie hat die Nacht mit ihrem neuen Frauchen im Hotel verbracht und am nächsten Tag sind beide zusammen nach Hause gefahren. 
Kamilla ist adoptiert worden, trotz allem, was auf sie zukommen wird. 
Weil ein besonderer Mensch ihr an einem sonnigen Tag im Eiscafe ein Versprechen gegeben hat. 


Kamilla hat ein Zuhause-für-immer

Es kommt mir so vor, als ob seit meiner Abfahrt aus dem Emsland nicht zwei Tage, sondern zwei Wochen vergangen wären. Es ist einfach schwindelerregend. Kamilla ließ sich aus dem Auto heben, inspizierte interessiert den Garten und ging dann schnurstracks ins Haus, ohne eine Sekunde zu zögern. 
Auch dort wurde alles genauestens abgeschnüffelt, ganz ruhig und selbstverständlich, als ob ihr das alles überhaupt nicht neu wäre, eher als ob sie nach längerer Abwesenheit nach dem Rechten sehen müßte. 
Sie hat eine phantastische Mischung aus grenzenloser Neugier und Vorsicht.  
Dann erstmal ordentlich gefressen und ein bisschen geschlafen und später abends ein erster Spaziergang durch die Nachbarschaft, höchst interessiert aber unbeeindruckt. 
Sie hat sich sofort den Platz unter dem Wohnzimmertisch ausgesucht, das Körbchen in der Schrankecke will sie erstmal nicht.
Ich habe im Wohnzimmer auf dem Sofa geschlafen, um im Notfall schneller mit ihr draußen zu sein, war aber völlig unnötig, sie war schon im Hotel absolut stubenrein. 
Wir waren beide nach dieser fürchterlichen langen Autofahrt völlig fertig und haben geschlafen wie ein Stein. 
Sie weckt mich nicht, sondern wartet bis ich irgendein Zeichen von Wachwerden gebe und kommt dann schwanzwedelnd und begeistert angestürzt. Dann muß man einfach aufstehen und sie ordentlich durchknuddeln.
Nach dem Frühstück hab ich sie gestern erstmal ordentlich gebürstet, um möglichst viel Pensionsstaub loszuwerden (jaja :), fand sie total gut.
Ohren und Pfoten inspizieren fand sie vielleicht nicht ganz so gut, ließ mich aber geduldig machen. 
Dann waren wir wieder spazieren - sie lief nicht, sie trabte wie ein Pferd, schön flüssig.
Völlig aus dem Häuschen, was man da überall erschnuppern konnte. Flugzeug über unseren Köpfen - interessiert sie nicht. Die (wahrscheinlich aller)erste Straßenbahn ihres Lebens, noch dazu von hinten kommend - keinerlei Reaktion.
Lärmende Rasenmäher und Heckenscheren - nix. 
Als wir wieder vor dem Haus waren wusste sie sofort, wo sie reingehen muß, keine Sekunde warten auf ein Zeichen von mir. Außentreppe kein Problem.
Wir waren vielleicht eine halbe Stunde unterwegs, aber das war offenbar noch zu viel für sie, außerdem war es ziemlich warm. 
Sie war total groggy und ging sofort schlafen, hat den ganzen Nachmittag geschlafen und wollte auch abends nicht mehr raus. 
Ich hab sie in Ruhe gelassen, sie muß diese ganzen Umstellungen und neuen Dinge ja erstmal verkraften. 
Sie kommt ganz oft und möchte gestreichelt werden und sich Sicherheit holen, und sieht dann ganz ungläubig aus, dass sie jetzt so viele Streicheleinheiten bekommt wie sie möchte…. Dann schmeißt sie sich auf den Rücken und präsentiert ihren Bauch, und wenn ich dann irgendwann die Hand wegnehmen möchte hält sie sie mit beiden Vorderpfoten fest…

Heute hat sie auch die meiste Zeit geschlafen, es war furchtbar warm und schwül. Haben erst abends eine Runde gedreht, da war sie dann wieder kaum zu bremsen, aber ich achte jetzt darauf, dass wir wirklich nicht mehr als 20 Minuten gehen.

Ein neuer Name und ein ganz neues Leben

Kamilla heißt jetzt Milla und es ist kaum zu glauben, dass sie gerade mal zwei Wochen bei mir ist. Wie sie sich in den paar Tagen an die neuen Bedingungen angepasst, was sie alles schon gelernt hat ist... Wahnsinn! Sie hat z.B. nach zwei Tagen verstanden, dass ich sie, wenn wir spazieren gehen, erst in den Garten schicke, dann die Türe zumache, selber durchs Haus nach draußen gehe und sie am Gartentörchen abhole (damit sie nicht die Außentreppe nehmen muss). Beim ersten Mal war sie noch ganz panisch, als die Tür zuging, und starrte verstört ins Innere, jetzt regt sie sich überhaupt nicht mehr auf sondern geht gleich ans Törchen und wartet da auf mich.

Heute war ich absichtlich ganz lange im Keller (von wegen alleine bleiben üben), sie schlief ungerührt weiter. Dann hab ich zweimal das Haus durch die Eingangstür verlassen und bin einen Moment draußen geblieben - beim ersten Mal hob sie kurz den Kopf und döste weiter, beim zweiten Mal stand sie auf und kam ein paar Schritte auf mich zu, ging aber wieder zurück als ich ihr sagte, es wäre alles in Ordnung. Ich kann es fast nicht glauben!

Es ist ein bisschen, als ob sie ihre Batterien mit Streicheleinheiten aufgefüllt hätte (sie kommt immer noch oft, um sich streicheln zu lassen, aber nicht mehr so exzessiv wie am Anfang) und jetzt viel unabhängiger sein kann.
Sie hat jetzt ihr Hauptquartier im  Wintergarten eingerichtet, da fühlt sie sich sichtlich am Wohlsten, nicht ganz drinnen und nicht ganz draußen. Sie liegt auch sehr gern im Garten und beobachtet alles, aber lange nicht mehr so aufgeregt wie in den ersten Tagen.  


Jagdfieber und eins aufs Auge (Sept. 23)

Milla war um 8.00h noch wohlig eingekuschelt und bewegte sich erst, als ich den Wassernapf auffüllte. 

Dann machte sie ihre Kontrollrunde durch den Garten, kam sehr zufrieden zurück, offenbar keine Ärgernisse, verputzte ihr Frühstück und wollte es sich gerade wieder im Wintergarten bequem machen, als ich den Nachbarskater sah.
Früher als Milla, aber trotzdem zu spät. So schnell kriege ich die schwere Schiebetür nicht zu....
Sie schoß an mir vorbei durch die offene Wintergartentür und war schon am anderen Ende, ehe ich überhaupt den Mund aufmachen konnte, und war dann natürlich völlig im Tunnel und reagierte erstmal nicht mehr. 

Der Kater hat sich wahrscheinlich über einen Baum in Sicherheit gebracht, Milla kam eigentlich erstaunlich schnell wieder zurück - und ich sah sofort, dass sie das rechte Auge zukniff. Entweder der Kater hat ihr eine geschallert oder sie hat einen Ast ins Auge bekommen.
Sie ließ mich auch nicht gucken, drängelte sich nur ganz eng an mich. Danach über 2 Stunden versucht, diverse Tierärzte in der Umgebung und eine Tierklinik, die mir sehr empfohlen worden war, anzurufen - alle noch in Urlaub, heute ausnahmsweise nicht da, der auf Augen spezialisierte Kollege erst morgen wieder da, sowieso überall endlos in der Warteschleife. Ich hätte schreien können. Schließlich rief mich eine Tierärztin zurück, ich sollte erstmal Augentropfen geben.

Danach wurde es erst etwas besser, später nachmittags aber wieder schlimmer. Sie kniff das Auge ständig ganz fest zusammen hatte ganz offensichtlich Schmerzen oder fühlte sich zumindest nicht gut, war aber auf dem Spaziergang wieder ganz lebendig. 
Gegen 21.00h kam dann tatsächlich die Tierärztin auf dem Nachhauseweg vorbei und gab Entwarnung - sie ist sicher, dass der Augapfel nicht verletzt ist und ich nicht zu einem Spezialisten muss. Ich bin sowas von erleichtert!  

Milla kriegt morgen andere Augentropfen mit stärkerem Entzündungshemmer- und Antibiotikaanteil, danach sollte es eigentlich besser werden.

In dieser Situation mag sie jetzt gar nicht im Wintergarten bleiben, sie klebt wieder an mir und schläft im Wohnzimmer...


Milla wird immer fitter

 

Wir haben in der letzten Woche das Laufpensum allmählich gesteigert und die Strecke öfters durch neue kleine Abschnitte erweitert, damit sie immer ein bisschen was zu entdecken hat. 

Sie ist jedes Mal total aus dem Häuschen, hüpft mir zu Hause schon bis unter die Nase und ist dann mit einer Begeisterung bei der Sache, die mich einfach rührt. 
Und bei all dieser Begeisterung ist sie (außer wenn interessante Rüden oder KATZEN im Spiel sind, dann hört sie nichts mehr) ziemlich gut zu lenken, reagiert meistens toll, wenn ich sie kurz rufe, damit sie nicht in einen Vorgarten läuft, geht ohne zu diskutieren mit, wenn ich in eine andere Richtung möchte als sie. 
Das ist fast zu gut, um wahr zu sein. 
Sie läuft schön geschmeidig, eigentlich trabt sie oft eher wie ein Pferd. Manchmal piaffiert sie auch vor Aufregung, bevor es Futter gibt :). Ich lasse sie jetzt jeden zweiten Tag die Außentreppe benutzen (9 Stufen), überhaupt kein Problem, sie sprintet da hoch und runter dass ich nicht hinterher komme. Überhaupt hat sie jetzt ein ganz anderes Lauftempo, wir schaffen in der gleichen Zeit eine viel längere Strecke.

 

Habe mit Milla ein Marker-Wort geübt, aber noch nicht eingesetzt, und heute zum ersten Mal ein bisschen ernsthafter Training mit ihr gemacht, mit Leckerchen und Wiederholung und so. Sie stellt sich sehr gelehrig an und es macht ihr sichtlich Spaß. 

Mir auch, wenn ich sehe, wie motiviert sie ist.


Noch ein Unfall

Letzten Mittwoch war Milla total gut drauf, fröhlich und wahnsinnig kooperativ.
Sie tänzelte beim Spaziergang wieder pferdemäßig neben mir her, sah mich bei jeder Wegbiegung an und fragte höflich, in welche Richtung ich denn wollte. Sie lief wunderbar mit, reagierte toll auf alles, was ich von ihr wollte, ich war wieder richtig stolz auf sie. Danach döste sie den ganzen Nachmittag faul im Garten, hatte meistens alle Bäume scharf im Blick, war aber dabei völlig entspannt und bewegte sich nur von einem Liegeplatz zum nächsten. Angesichts von so viel Gemütlichkeit verzog ich mich beruhigt für 10 Minuten ins Wohnzimmer, um eben die 7-Uhr-Nachrichten zu sehen. Ich kann von dort aus einen Teil des Gartens sehen und hätte bei offener Tür auch hören müssen, wenn es irgendeine Verfolgungsjagd gegeben hätte.

Dann hörte ich ein komisches Geräusch und dachte zuerst, dass irgendein Vogel besonders laut tschilpt, ging aber vorsichtshalber nachsehen. Milla saß im Wintergarten, fiepte, jaulte, wimmerte herzzerreißend und hielt mir ihre linke Vorderpfote hin, die schlaff runterhing. Ich dachte, wenn die so hängt ist sie gebrochen, und das allerletzte, das wir jetzt brauchen können, ist ein Problem mit den Vorderbeinen - und wäre am liebsten in Ohnmacht gefallen. 
Da sich erfahrungsgemäß dadurch Probleme nicht in Luft auflösen, habe ich nach der Schrecksekunde die Pfote vorsichtig untersucht. Kein Blut, kein Dorn oder irgendwas, das sie sich hätte eintreten können, also Tierarzt, sofort.

Glücklicherweise hatte ich das Ruffwear-Geschirr schon griffbereit liegen, und das lässt sich auch im Liegen ganz gut anlegen. Damit hab ich sie irgendwie bis zum Auto bugsiert.
Die junge Tierärztin, die Nachtdienst hatte, war wahnsinnig nett und einfühlsam mit Milla, untersuchte sie gründlich, ließ uns Probelaufen (mittlerweile konnte Milla wieder auftreten) - und gab dann Entwarnung.
Nichts gebrochen, wahrscheinlich nur verstaucht. Röntgen nicht erforderlich. Schmerzmittel + Entzündungshemmer + 1 Woche Körbchenruhe. 
Ich hätte schon wieder in Ohnmacht fallen können, vor Erleichterung.

Kurz nach 22.00h waren wir wieder zu Hause, es war stockdunkel, ich versuchte, Ruffwear mit Milla drin in der einen und Taschenlampe in der anderen Hand, am Haus vorbei in den Garten zu kommen - und in dem Moment, in dem das Gartentörchen aufging, riss sich mein schwer verletzter Hund los und raste wie von Sinnen (auf sämtlichen 4 Beinen!) los, weil sie irgendwo hinten im Garten wohl was gehört hatte!!!! ️ ️

Ich konnte mich gerade noch sozusagen auf die lange Leine werfen und entging knapp einer dritten Ohnmacht. Da ich sie auf keinen Fall auch nur kurz allein im dunklen Garten mit irgendeinem unbekannten Monster lassen konnte (die strikte Anweisung hieß: nicht laufen, nicht springen, nicht spielen!!), ging es den ganzen Weg wieder zurück und mit viel Kraftaufwand die Vordertreppe hoch. Sie bekam noch ein spätes Abendessen und verkroch sich dann widerspruchslos in ihr Körbchen. 
Am nächsten Morgen haben wir beide bis 11 geschlafen…. 


Unverhoffter Testlauf für die Zeit nach der Operation (Okt.23)

 

Der erste Tag war noch etwas schwierig, weil sie eigentlich schon wieder ganz gut laufen konnte (aber eben unter Schmerzmitteln) und nicht verstand, weshalb sie nicht spazieren gehen durfte, nur kurz in den Garten, und auch das nur mit Leine. Leises Genöle. 
Ab dem zweiten Tag hat sie das aber erstaunlich gut akzeptiert. 
Das größte Problem, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte, war, dass sie sich zuerst strikt weigerte, sich im Garten zu lösen. Anscheinend wollte sie den eigenen Garten nicht verschmutzen. 
Ich bin alle 2 Stunden kurz mit ihr raus, um ihr die Chance zu geben, aber erst nach anderthalb Tagen, als es wirklich nicht mehr anders ging, machte sie dort ihren Haufen. 

So etwa nach 5 Tagen hat sie verstanden, dass sie, wenn ich sie an der Leine an die Stelle führe, an der sie sich immer löst, das relativ zügig und nicht erst nach 3 Anläufen machen darf. Das ist immerhin schon ganz praktisch für später.

Gestern waren wir zum ersten Mal wieder ein kleines Stück draußen spazieren, sie konnte ihr Glück kaum fassen und strahlte förmlich. 
Nachmittags platzte sie dann dermaßen vor Freude, als ich nach der Leine griff, dass sie im wahrsten Sinne über Tische und Bänke ging - sie sprang aus dem Stand begeistert auf die Gartenliege im Wintergarten (Holzlatten in 5 cm Abstand, nicht mal mein Kater ging da drauf!) und auf der anderen Seiten wieder runter, mir war schon wieder ganz schlecht ….. dieses Tier!!!

Da wusste sie auch noch nicht, dass wir den Spaziergang zum Tierarzt machten - in Rekordzeit, gute 10 Minuten. Jetzt kennt sie ihn also schon mal. Sie ließ alles brav und unaufgeregt über sich ergehen. Nur dass er ihre Zähne sehen wollte fand sie nicht gut. Jedenfalls fand er ihren Gesamtzustand sehr gut. Aufatmen. 

 

Heute machen wir kleines Programm, es schüttet.
Sie schläft seit Stunden tief und fest und unerschütterlich - etwa 50 m weiter wird ein Fundament ausgehoben, das Gewummere der Maschinen spüre ich in den Füßen bis in den ersten Stock, aber sie lässt sich davon nicht stören.
Ein Zen-Hund.


MunterMilla - wieder fit (Okt.23)

Milla hat in den letzten Wochen dermaßen aufgedreht, dass ich abends immer völlig schlapp in den Seilen hing und keine Energie mehr zum Schreiben hatte. Wer hier wen trainiert ist längst nicht mehr klar.

 Ganz abgesehen von diesem Energieschub hat sie, finde ich, schon enorm viel gelernt. Sie hat nie mehr versucht, die Treppe hochzugehen, auf das Sofa zu springen, Essen zu klauen oder einen Pantoffel zu entführen. Einzige Ausnahme: irgendwann musste sie besonders lange auf ihr Abendessen warten. Als mehrfaches besonders lautstarkes Schütteln nicht half, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen, schnappte sie sich meinen Gartenclog neben der Gartentür, schmiss ihn mit Schmackes auf den Boden und sah mich dann richtig aufmüpfig an (Ältere werden sich an die Szene erinnern, wo Chruschtschow in der UNO mit dem Schuh aufs Pult hämmert…).
Ich musste so lachen, dass ich alle Aktivitäten abbrach und ihr erstmal was zu essen gab. Das hat sie nie wieder gemacht, aber ich achte jetzt auch sehr darauf, dass sie nicht mehr so lange warten muss.

Hundebegegnungen sind eigentlich immer unproblematisch - entweder man ignoriert sich oder ist freundlich, sie hat schon einige ganz nette Bekanntschaften gemacht (mit ebenfalls sehr netten Frauchen, mit denen ich mich dann austauschen kann). Menschenbegegnungen sind sehr sehr viel entspannter geworden, die allermeisten Menschen, die uns einfach so auf der Straße entgegenkommen und mich nicht ansehen oder ansprechen werden inzwischen ignoriert. Sie bellt, wenn sie sich erschreckt (wenn zum Beispiel wie vorgestern Abend ein halbnackter Mann unmittelbar neben ihr die Haustür aufreißt, weil er jemand erwartet - und dann auch noch ungehalten ist, weil wir eben nicht die erwartete Person waren, gehts noch), oder wenn jemand dynamisch direkt auf uns zukommt, ohne auszuweichen. Bedrohlich findet sie vor allem erwachsene Männer, so ab Mitte Zwanzig, und auch einige etwas ältere Frauen. Manche Menschen machen ihr wohl einfach durch ihr Erscheinungsbild Angst, vielleicht erinnern sie sie an jemanden. Heute hat sie eine etwas ältere Frau, die uns einfach nur entgegenkam und wirklich gar nichts Bedrohliches hatte, schon von weitem fürchterlich angebellt, ich glaube, es ist meistens der gleiche Typ Frau der sie so aufregt. 

Mit kleinen Kindern und Jugendlichen scheint sie keine schlechten Erfahrungen gemacht zu haben. Neulich kam uns eine ganze Gruppe lärmender halbwüchsiger Hockeyspieler entgegen, aufgekratzt nach dem Training, alle mit Hockeyschläger in der Hand, die quasi auf Tuchfühlung vorbeigingen - Milla war zu sehr damit beschäftigt, die Hecke abzuschnüffeln, um sich darüber aufzuregen. Nur den Trainer, Mitte Zwanzig, unsympathisch, der sehr dynamisch und rücksichtslos direkt auf uns zu ging und offenbar erwartete, dass wir ausweichen, den hat sie ordentlich angebellt, mit meiner inneren Erlaubnis. Gestern trafen wir eine ganze Gruppe von Erstklässlern (Mädchen), die sich mit spitzen Schreien (ist die süüüß) um sie scharten - sie blieb vollkommen ruhig und setzte sich mit Blick auf meinen erhobenen Zeigefinger erstmal brav abwartend hin. Als Star ist man halt an kreischende Fans gewöhnt.
Ich hab inzwischen manchmal sogar eher das gegenteilige Problem, dass sie ungeniert und distanzlos alle möglichen Leute (vor allem jüngere Frauen und Jugendliche) anbaggert und die Nase in fremde Einkaufstaschen steckt, was halt auch nicht jeder mag. Wenn jemand irgend etwas Essbares transportiert (Pizzakarton!) ist sie kaum zu halten. Als ob das arme Tier bei mir nicht genug zu essen bekommt. Machmal fühle ich mich genötigt, den Leuten zu erklären, dass das nicht so ist.
Am letzten Wochenende beobachtete sie etwas befremdet und vorsichtig, aber absolut neugierig das sicherlich erste Hockeyspiel ihres Lebens, das Gebrüll einer ganzen Horde von Jugendlichen, schrille Schiedsrichterpfeifen beeindruckten sie überhaupt nicht. Zwei Tage später kamen wir wieder an der Sportanlage vorbei, diesmal gab es ein ebenfalls von sehr viel Geschrei begleitetes Fußballspiel, aber da hatte sie wohl schon abgespeichert, dass man sich darum nicht kümmern muß, und lief nach einem kurzen Blick weiter. Das Einzige, was sie bisher wirklich beunruhigt hat, war ein Wagen der Straßenreinigung mit rotierenden Bürsten, der zischende Geräusche machte, und manchmal Kellerfenster, aus denen mit einigem Getöse Luft von einer Lüftungsanlage geblasen wird. In solchen Situationen schaut sie mich an und prüft meine Reaktion, und wenn ich keine zeige ist sie sofort wieder beruhigt. Heute nachmittag haben ein paar Kinder auf der Straße direkt vor meinem Fenster irgendwelche Knaller gezündet, sie sah mich alarmiert an, blieb aber liegen - und als ich ihr sagte es wäre alles in Ordnung machte sie wieder die Augen zu. Dieses Weib hat wirklich vor nichts Angst!!
Heute Abend kamen wir an einem großen Bagger vorbei, der gestern da noch nicht stand, Räder bis zu meinem Bauchnabel, aber Milla war technisch interessiert und ich konnte sie nur mit großer Mühe davon abhalten, da mal eben drauf zu klettern. Wahrscheinlich hatte irgendwo weiter oben eine Katze gesessen. Auf das Thema Katzen (seufz!) komme ich später nochmal zurück.
Sie dirigiert mich jetzt auch ständig sehr nachdrücklich zu meiner kleinen Bäckerei, wo sie vor zwei Wochen mal ein Stückchen Brot abgestaubt hat, geht da einfach rein wenn die Tür aufsteht und guckt die Verkäuferin auffordernd an. Die ist längst ihrem Charme erlegen und liefert dann prompt. Also, Millas Selbstbewusstsein hat sich nochmal deutlich verbessert!

 

Ihre körperliche Verfassung auch - kein Mensch käme auf die Idee, dass dieser Hund ein Hüftproblem hat! Sie läuft begeistert und absolut flüssig, inzwischen 2 x am Tag mindestens eine Stunde, drunter tut sie es nicht mehr. Ich lasse sie sehr oft selbst bestimmen, wohin und wie schnell wir gehen, um sie nicht zu treiben.

Sie liebt nach wie vor ihre atemberaubenden Sprints durch den Garten, vor ein paar Tagen hat sie eine neue Version erfunden: sie kommt von ganz hinten angeschossen und stürzt sich dann im Sprung mit getreckten Vorderbeinen durch den Fliegenvorhang in den Wintergarten, wie ein Löwe durch den Feuerring. Sie kann ihren Schwung dann gerade noch vor der Küchentür abbremsen. Es kostet mich Nerven! Aber sie genießt es.

Ich habe Dani vor einiger Zeit zur Verdeutlichung ein Foto aus dem Garten geschickt, rechts blaue Keramikugel, links braune Flecken im Gras (man muss halt immer auf das schöne Moos vor dem Buddha pinkeln, gell?), Distanz dazwischen ungefähr 1,60 Meter, zurückgelegt im freien Flug, ebenfalls mit sauber getreckten Vorderbeinen. Ich komme mir dann so alt vor...  Solche Stunts kann ich natürlich nicht fotografieren, dazu geht es einfach zu schnell, ich muss auf eure Vorstellungskraft vertrauen.

Auf dem Spaziergang macht sie manchmal aus purer Lust an der Bewegung einen Luftsprung nach oben und dann noch ein paar gestreckte Sprünge nach vorn, was mich auch fast zum Fliegen bringt und komischerweise an meinen  Physikuntericht im letzten Jahrhundert denken lässt. Wie war das noch mit der Beschleunigung von träger Masse ???

Und sie hat dabei immer ein Gesicht als ob sie gleich juchzt.

Umweltgeräusche (Bus, Straßenbahn, knatternde Motorräder, Bauarbeiten) lassen sie dermaßen kalt, dass ich mir schon Sorgen um ihr Gehör gemacht habe. Ich habe dann zu Testzwecken mal, als sie ganz hinten im Garten war und mich nicht sehen konnte, ein paar Kroketten in ihren Napf rieseln lassen - einen Atemzug später stand sie neben mir und war erfreut, dass es schon was gab, obwohl noch gar nicht Abendessenszeit war. Also ihre Ohren sind in Ordnung.

 

Ach ja, von wegen rieseln : über meinem Haus liegt schon seit 3 Wochen ein leiser Hauch von frühem Wintereinbruch - Milla-Maus (im Moment eher Mauser-Milla) erneuert ihre wunderschönen schneeweißen Harare und verteilt sie großzügig um sich herum, gern auf dem dunkelblauen Wohnzimmerteppich...

Seit letzter Woche entdeckt sie plötzlich ihre vegetarische Seite, nachdem ich wochenlang versucht habe, ihr das schmackhaft zu machen: enthusiastisch Möhren abgebissen und vorgekaut, mit dramatischer Lautuntermalung (hmmmm, sooo gut). Sie guckte mich dann nur mit einer Mischung aus Empörung und Mitleid an, dass ich sowas essen muss und es auch noch wage, es einer stolzen Fleichfresserin anzubieten, nahm die angebotene Möhrenscheibe kurz ins Maul und spuckte sie sofort wieder aus, bäh. Ich hatte ihr auch, weil sie so leidenschaftlich gern Gras frisst, als vitaminreichere Variante Rucola gekauft, aber auch der wurde diskret ausgespuckt.

Dann: ein Stückchen Gurke probiert, zuerst ausgespuckt, aber, nachdem ich insistiert habe, nochmal ganz vorsichtig ins Maul genommen und draufgebissen, und mit zunehmender Kauzeit fand sie das plötzlich ganz toll und wollte immer mehr!! Super, damit kann ich sie kalorienarm und gesund belohnen!
Am gleichen Tag akzeptierte nahm sie dann noch ein kleines Proberöschen gekochten Blumenkohl und ein bisschen Kartoffel. Apfelstückchen werden jetzt auch gern genommen, Banane hat sie auch schon probiert, muss aber wohl nicht unbedingt sein. Morgen werde ich nochmal mit den Möhren kommen. (Nachtrag von heute: rohe Möhren wurden erst ziemlich misstrauisch mit sehr spitzem Mäulchen aufgenommen, aber nachdem sie sich endlich durchgerungen hatte, sie zu kauen, fand sie sie super. Später auch in gekochtem Zustand, wieder mit einem Stückchen Kartoffel. So allmählich vertraut sie meinen kulinarischen Empfehlungen.) Ich bin total begeistert. Der einzige Nachteil ist, das ich jetzt wirklich keinen einzigen Schritt mehr in die Küche tun kann, ohne dass sie lautlos neben mir aus dem Boden wächst und ihre großen Augen sagen, dass sie schon tagelang nichts mehr gefressen hat und es jetzt an der Zeit wäre….   Wenn ich am Herd stehe, muss ich immer erstmal einen Blick hinter mich werfen, damit ich ihr nicht aus Versehen auf die Pfoten steige...

Milla macht glücklich (Nov.23)

Vor ein paar Tagen kamen wir auf unserem Mittagsspaziergang an der Straßenbahnhaltestelle vorbei.
Es war Schulschluss und auf der Bank klüngelten diverse Jugendliche rum. Unter anderem zwei Halbwüchsige, der Typ der sich vor der Klasse gern als Rabauke und Macho aufspielt. Cool um jeden Preis. 
Milla mag Jungs in dieser Altersklasse ganz offenbar, ging freundlich auf die beiden zu und und schnüffelte an ihren Händen, wie sie das gerne macht.
Sie zogen ihre Hände nicht weg, sondern fingen an, ganz vorsichtig und liebevoll Millas Kopf zu streicheln, und sie ließ es sich gern gefallen. Man konnte zusehen, wie ihre Gesichter ganz weich wurden. Für einen kurzen Moment waren sie alle drei wie in einer Blase, in der die Welt um sie herum ganz weit weg war und es nur diese weiche Hundeschnauze und vier streichelnde Hände gab. 

Ich fragte den einen, ob er vorher irgend etwas Leckeres in den Händen gehabt hätte, Wurst oder so? Nee, hätte er nicht.
Na schau, sagte ich, dann mag sie dich einfach.
Große ungläubige Augen. Ehrlich, meinst du?? 
Ich nickte, na klar. 
Wir gingen weiter, die beiden sahen uns nach und hatten immer noch dieses glückliche Lächeln im Gesicht. So schön.

Vielleicht werden sie sich irgendwann, wenn sie es brauchen, an diesen kleinen Moment der Zärtlichkeit erinnern.


Schnee  (Jan. 24)

Schnee ist was Tolles, wenn man einen vollen Bauch und ein warmes Zuhause hat…

Trotzdem muss man aber noch heruntergefallene Haselnüsse unter dem Schnee erschnuppern, ausbuddeln und versuchen, sie zu knacken. Wenn man nicht dauernd dran gehindert würde...


Üben, üben... (März 24)

Da Milla nicht so besonders gerne Auto fährt und sie mittelfristig irgendwann für ihre Hüftoperation eine längere Autofahrt machen muss, beginnen wir jetzt mit Boxen- und Enstapnnungstraining. 

Vorgestern ist ihre neue Faltbox gekommen - sie hat schon das Auspacken und Zusammenstecken mit Argusaugen überwacht, als ob sie genau wüßte, dass das für sie ist. 
Ich hab die Box eine Nacht einfach geschlossen stehen lassen, damit sie sie schon mal sieht und beschnuppern kann (was sie auch ausführlich getan hat).
Gestern nachmittag hab ich dann zwei Öffnungen aufgemacht und ein paar Leckerli reingelegt - es dauerte ungefähr 2 Sekunden, bis sie drin war und sie begeistert einsammelte. 
Sie ging dann immer mal wieder nachschauen, ob da nochmal was nachkommt, veranstaltete ein Probeliegen - und abends hat sie ein paar Stunden drin geschlafen… heute nachmittag auch.


Ein überraschendes Arztgespräch (Mai 24)


Milla wollte euch unbedingt mal ihre Lieblingsbäckerei zeigen, eine begehrte Anlaufstelle bei ihren Spaziergängen. Milla liebt nämlich Stadtbummel fast noch mehr als Waldspaziergänge.
Das ist ungewöhlich für unsere Hunde aus der Ukraine, aber Milla ist in vielem ganz besonders.

Die beste Nachricht von Milla ist aber, dass wir ihre Hüftoperation erstmal verschieben konnten, weil sie mittlerweile so gut wie keine Beschwerden mehr zu haben scheint. Natürlich ist uns bewusst, dass Hunde viel kompensieren, aber der Spezialist unseres Vertrauens war nach ausführlicher Beratung eindeutig gegen den Eingriff zum jetzigen Zeitpunkt.

Natürlich werden wir Milla weiter gut beobachten.
Aber jetzt freuen wir uns erstmal, wie gut es ihr geht ❤
Die regelmäßigen Stadtbummel, diverse orthopädische Hundebetten und vor allem ganz viel Liebe können halt doch so einiges bewirken ❤

Jahrestag (August 24)

Es ist nicht zu fassen, wie die Zeit rast.

Letztes Jahr um diese Zeit habe ich mich auf den ziemlich weiten Weg ins Emsland gemacht, um dabei zu sein, als Milla ihren wichtigen Termin beim Spezialisten hatte.

Ich wusste, wie schlimm ihre Hüften aussahen, aber ich wusste auch, dass ich sie trotzdem adoptieren würde.

Ich hatte ihr in die Augen gesehen und ihr versprochen, dass ich ihr ein Zuhause geben würde, und dieses Versprechen galt, für gute und für schlechte Tage.

Aber es war noch nicht klar, wie es konkret weitergehen würde - Operation ja/nein, sofort/später, welche Prognose.

Das Urteil war erstmal gnädiger als befürchtet:

Operation auf keinen Fall sofort, erst die Voraussetzungen schaffen, Vertrauen aufbauen, sie sich in einem neuen Zuhause eingewöhnen lassen, regelmäßige Bewegung zum Muskelaufbau, dann erst weitersehen.

Ich könnte sie also sofort mitnehmen, um dabei keine Zeit zu verlieren.

Damit hatte ich gar nicht gerechnet, war überhaupt nicht vorbereitet - aber ich wischte ganz gegen meine Gewohnheit alle berechtigten vernünftigen Einwände einfach weg und nahm sie nach dem Tierarztbesuch gleich mit.

Ich hatte nicht den geringsten Zweifel, dass alles gutgehen würde. Von Anfang an war da ein ganz großes gegenseitiges Vertrauen.

Sie folgte mir, als ob wir uns schon jahrelang kennen würden, trabte ganz selbstverständlich und ohne Scheu mit in mein Hotelzimmer, machte es sich genauso selbstverständlich auf einer Decke vor meinem Bett bequem, schlief die ganze Nacht tief und fest, ging am nächsten morgen mit mir spazieren, um ihre Geschäfte zu erledigen, als ob es nie anders gewesen wäre.

Für mich war es genauso selbstverständlich, ich habe nicht eine Sekunde lang gedacht, sie könnte mich in eine schwierige Situation bringen.

Und dieses Vertrauen hat sie nie enttäuscht.

So ist sie also vor einem Jahr etwas überstürzt bei mir eingezogen. Es war von Anfang an so, als ob sie schon immer da gewesen wäre. Eigentlich mussten wir uns gar nicht groß aneinander gewöhnen. Es war alles ganz selbstverständlich, unaufgeregt, ganz sanft und geräuschlos (naja, zwischen UNS ist das so, in Bezug auf Katzen und Füchse - und manche Besucher - ist sie alles andere als geräuschlos).

Sie hat in diesem ganzen Jahr nie die allerkleinste Aggression gezeigt, hat nie etwas kaputt gemacht (abgesehen von der Hängepflanze, die sie nackt gewedelt hat…), hat nie einen Konflikt provoziert.

Sie kann schon mal einen Dickkopf haben, aber das darf sie auch. Und oft ist sie am Ende dann trotzdem kooperativ.

Sie ist unendlich lieb, geduldig und anspruchslos, bettelt nicht, drängelt nicht, meckert nicht.

Das habe ich ihr nicht anerzogen, sie ist einfach so.

Sie sieht mich nur an (und das reicht meistens auch…) und bringt sich diskret in Position, wenn sie etwas möchte.

Wenn sie es nicht bekommt, geht sie ganz still wieder auf ihre Decke und wartet auf eine neue Chance.

Manchmal denke ich, das ist fast überirdisch.

Wenn ich irgendetwas für sie tue, wie Fell bürsten oder Pfoten nachschauen, dann kriegt sie sich vor lauter Wedeln und Händelecken kaum noch ein.

Wie sehr muss ihr das gefehlt haben….

Die Operation hängt noch über uns wie ein Damoklesschwert, und machmal macht mir das Sorgen, aber meistens vergesse ich es einfach und freue mich jeden Tag, dass sie da ist.

Es geht ihr im Moment ganz gut, wir genießen unser gemeinsames Leben. Wir haben uns gefunden.

Ich bin sehr sehr dankbar, dass ihr mir dieses wunderbare Tier anvertraut habt.

Und ich wünsche mir so sehr, dass auch die anderen Hunde, die auch schon so lange warten, ihren Menschen finden, der ihnen ein Zuhause gibt und den sie dafür glücklich machen werden.